Fern von uns im Traum ... -- Te na dikhas sunende ...
Märchen, Erzählungen und Lieder der Lovara -- Lovarenge paramiči, tertenetura taj gjila
Deutsch und Romani.
Übersetzt aus dem Romani von den Herausgebern
Geb. 432 Seiten
DRAVA 2001. ISBN: 978-3-85435-366-9
Geschichten und Lieder der Lovara – faszinierender Einblick in die oft unverstandene Kultur der Roma.
Zum Buch:
Noch vor wenigen Jahrzehnten vermochten die paramiœarja, hoch angesehene Geschichtenerzähler, ihr Publikum nächtelang in ihren Bann zu ziehen, und bis heute finden sich talentierte ErzählerInnen wie Ceija Stojka oder Ruæa Nikoliå-Lakatos, deren Worte eine ferne Märchenwelt evozieren. Lebendige, zum Teil drastische Schilderungen, reich an magischen Formeln und archaischen Bildern, prägen diese Erzähltradition; ihre ausdrucksstarke und bildhafte Sprache klingt auch in den deutschen Übersetzungen nach. Mit ihren Märchen, Schwänken, Parabeln, autobiographischen Erzählungen und Liedern, die in den vergangenen vierzig Jahren auf Tonband aufgenommen wurden, gewähren die Lovara einen tiefen Einblick in ihre noch kaum bekannte Kultur und Geschichte, aber auch in ihre gegenwärtige Situation.
Leseprobe/Aus dem Inhalt:
Das Mädchen sah sein Gesicht nicht. Sie blieb bei dem, was ihr die alte Frau geraten hatte. Sie scherzten herum, dabei machte sich das Mädchen sanft an seinen Fuß heran und band den Faden um seinen Fuß. »Ich gehe, meine Geliebte«, sagte er, »mein Augenstern, ich gehe!« – »Geh nur!«, antwortete sie.
Als er ging, lief der Faden von seinem Fuß, lief und lief. Das Mädchen aber hielt sein Ende fest. Wisst ihr, es war so ein großes Knäuel! Und, Freunde, ich kann euch sagen, das Mädchen ging immer hinterher. Sie folgte ihm, um zu sehen, was ihr Geliebter machte und wohin er ging. Sie geht ihm nach. Wohin geht sie, wohin nicht? Auf den Friedhof. Jener war nämlich ein Mulo, ein Totengeist. Als sie gesagt hatte: »Ich bin die Schönste, und du hast mir keinen Geliebten gegeben, Teufel oder Gott!«, da hatte sie den Teufel genannt und nicht nur Gott – hätte sie nur Gott erwähnt, dann ginge dieses Märchen nicht weiter! ...
Stimmen zum Buch:
... faszinierender Einblick in die oft unverstandene Kultur der Roma ... (Die Brücke )
Die HerausgeberInnen führten 1996–98 gemeinsam das Projekt »Kodifizierung der Romani-Variante der österreichischen Lovara« am Institut für Sprachwissenschaft der Universität Graz durch, im Zuge dessen die hier vorliegende Texte niedergeschrieben und übersetzt wurden.